Von der Sinnkrise nach dem Studium

Während nach der Schule die Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Studienganges oftmals noch nicht allzu schwer fällt, steigt mit dem nahenden Ende des Studiums die Unsicherheit. Reichen die eigenen Qualifikationen für den Traumjob? Was ist überhaupt der Traumjob? Kommt ein Ortswechsel nach dem Studium infrage? Das, was früher die berühmte Midlife-Crisis war, tritt heute nicht selten als Sinnkrise nach dem Studium auf.

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Die Ursachen für die Sinnkrise nach dem Studium

Die Gründe, die zu einer Sinnkrise führen können, sind vielfältig. Möglicherweise haben sich seit Studienbeginn einfach die persönlichen Interessen verlagert. Vielleicht stellt man fest, dass die Stellenbeschreibungen Anforderungen stellen, die die eigenen Qualifikationen nicht mitbringen. Vielleicht hat sich im Rahmen eines Praktikums gezeigt, dass der vermeintliche Traumjob im Arbeitsalltag wenig traumhaft ist.

Die Sinnkrise nach dem Studium begünstigt sich weiter durch die Angst vor beruflichen Fehlentscheidungen. Wer nicht gerade einen Studiengang gewählt hat, der eine eindeutige Berufswahl nach sich zieht, steht plötzlich vor einer Vielzahl von Entscheidungsmöglichkeiten bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers:

  • Welche Branche?
  • Welches Berufsfeld?
  • Welche Unternehmensgröße?
  • Welcher Standort?

Oftmals fühlt sich die Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Jobangebotes nicht wie ein entspanntes Ausprobieren, sondern wie eine Entscheidung an, die bis zum Eintritt in das Rentenalter unwiderruflich ist. Damit einher geht die Angst vor Fehlentscheidungen, vor dem Scheitern oder grundsätzlich vor Veränderungen. Die Berufswahl wird zur Qual.

Was tun gegen die Sinnkrise?

Am Anfang steht zweifelsohne die Erkenntnis: Wer feststellt, dass etwas nicht stimmt und die Ursachen kennt, kann aktiv dagegen angehen. Andere vertagen die Herausforderung der Jobsuche vielleicht aus unerfindlichen Gründen immer weiter, tun sich mit der Entscheidung einer Branche schwer und alles Berufliche fühlt sich als unüberwindbare Hürde an.

Wichtig ist hier allerdings zu erkennen, wann es sich wirklich um eine Sinnkrise handelt. Hat das Praktikum von den Aufgaben her vielleicht nicht doch Spaß gemacht, das unternehmerische Umfeld war hingegen suboptimal, sodass am Ende die Motivation gelitten hat? Oder hat man sich den Beruf tatsächlich komplett anders ausgemalt?

Reflexionsfragen

Besonders einfach funktioniert die Selbstreflexion, wenn man sich eine Reihe von Fragen stellt. Wichtig ist dabei, stets ehrlich zu sich selbst zu sein. Es geht nicht darum, in einem möglichst guten Licht zu stehen, sondern für sich selbst herauszufinden, was man eigentlich erreichen möchte.

Zunächst geht es dabei um ganz allgemeine Fragen: Wie ist es um die eigene Zufriedenheit bestellt? Wie ist das allgemeine Wohlbefinden? Gibt es häufige physische oder psychische Krankheiten, deren Ursache unklar ist? Besteht ein allgemein hohes Stresslevel, das zu Gereiztheit führt? Gibt es Ängste oder Sorgen, die das Schlafverhalten negativ beeinträchtigen?

In einem zweite Schritt wendet man sich dem Studium zu: Welchen Sinn hat die eigene Studienwahl zum aktuellen Zeitpunkt? Wie gern geht man noch in die Hochschule, d. h. macht das Studium noch Spaß? Wie groß ist die permanente Prokrastination, um studienbezogene Aufgaben zu erledigen? Wie ist der Umgang mit ausbleibendem Erfolg?

Hinsichtlich des späteren Berufes stellen sich zunächst die Fragen nach Branche, Standort und Unternehmensgröße. Doch auch die eigenen Werte und Interessen spielen eine Rolle: Passen diese aktuell noch zum Berufswunsch? Ist dieser konstant oder hat er sich vielleicht zuletzt verändert?

Zu guter Letzt spielt immer auch das Privatleben eine Rolle. Veränderungen im privaten Bereich – Krisen, neue Beziehungen oder Freundeskreise oder ganz allgemeine Umstrukturierungen im Lebensrhythmus – beeinflussen ebenfalls, ob ein Beruf passend ist oder nicht.

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Beratungsangebote nutzen

Viele Hochschulen verfügen inzwischen über interne Beratungsstellen, die speziell auf die Bedürfnisse von Studierenden zugeschnitten sind – Sinnkrisen nach dem Studium gehören definitiv dazu. Neben den psychologischen Beratungsstellen lohnt sich unter Umständen auch der Gang zum Career Service oder dem Ansprechpartner der Agentur für Arbeit, der eventuell einen neuen Impuls geben kann. Möglicherweise bietet der vermeintlich inzwischen unpassende Beruf sehr interessante Perspektiven.

Auch Job- und Hochschulmessen bieten eventuell Einblicke in ganz neue Bereiche. Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, an ein mäßig interessantes Bachelorstudium einen spezialisierten Master anzuhängen, der die eigenen Interessen aufzugreifen vermag.

Die eigenen Bedürfnisse achten

Stellt man sich ganz hypothetisch die Frage danach, was man beruflich tun würde, wenn es finanziell keinerlei Einschränkungen geben würde, lässt sich die Frage nach den eigenen Träumen und Idealen schnell beantworten.

Die Zeiten, in denen die einzige Option das lebenslange Verharren in einem einzigen Beruf war, sind vorbei. Auch im Alter von 40 oder 50 Jahren sind berufliche Totalveränderungen noch möglich  – ganz gleich, ob als duales Studium, Studium ohne Abitur oder eine Ausbildung. Ob das nach einer mehrjährigen Berufserfahrung ist, der ein Studium folgt, oder das weit fortgeschrittene Studium kurz vor dem Abschluss hingeworfen und an anderer Stelle durch eine passende Alternative ersetzt wird, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist, einen Beruf auszuüben, der erfüllt, den man mit Leidenschaft ausführt und zu dem man täglich gern geht. Findet man heraus, was das ist, bietet die Sinnkrise nach dem Studium ein großes Potenzial für Zufriedenheit.