Wissenschaftlicher Schreibstil

Ein wissenschaftlicher Schreibstil bringt so einige Tücken mit sich. Damit eine Seminararbeit, Bachelorarbeit oder Masterarbeit mit einer guten Note bewertet wird, reicht es nicht aus, dass der Inhalt korrekt ist und Form und Aufbau den Kriterien der Hochschule entsprechen. Entscheidend ist auch der sprachliche Ausdruck. Doch was zeichnet einen wissenschaftlichen Stil aus?

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Präzise Formulierungen nutzen

Im Alltag geht die Tendenz zu Verallgemeinerungen. Das kann eine “allgemeine Stimmungslage” oder der “weltweite Handel” ebenso sein wie “der Durchschnitt” oder das “etwa die Hälfte”. In der Wissenschaft geht es gerade darum, Sachverhalte möglichst präzise darzustellen. Verwende möglichst präzise Formulierungen wie konkrete Jahreszahlen, Prozentangaben oder klare Beschreibungen von Orten / Personen / Ereignissen und verzichte auf Relativierungen und Zuschreibungen wie “etwa” oder “ungefähr”.

Ein wissenschaftlicher Schreibstil ist neutral

Anders als bei einem populärwissenschaftlichen Buch haben subjektive Meinungen in der Wissenschaft nichts zu suchen. Das gilt für wertende Adjektive ebenso wie Formulierungen der eigenen Einschätzung. Als verpönt gilt dabei insbesondere auch die Nutzung der Ich-Form, durch die Subjektivität besonders deutlich wird.

Fachausdrücke verwenden

Beim wissenschaftlichen Schreiben geht es auch darum, einen Nachweis über die Auseinandersetzung mit einem Thema zu erbringen. Dazu gehört natürlich auch die korrekte Verwendung spezieller Fachbegriffe. Allerdings gilt es hier, das richtige Maß zu finden. Eine endlose Aneinanderreihung von Fremdwörtern und Fachtermini kommt nicht bei allen Dozenten und Dozentinnen gut an. Letztlich sollte die Verständlichkeit der Arbeit nicht unter einer exzessiven Verwendung von Fremdwörtern leiden.

Prägnant und einfach formulieren

Weit verbreitet ist die Annahme, dass sich ein wissenschaftlicher Schreibstil durch Schachtelsätze, Passivkonstruktionen und Substantivierungen auszeichnen muss, um möglichst schwer verständlich zu sein. Das ist jedoch ein Trugschluss. Die Kunst liegt darin, Sachverhalte einfach und präzise darzustellen.

Ein wichtiges Stichwort ist dabei der rote Faden. Im Prinzip lässt sich jede Aussage hinsichtlich ihrer Relevanz für die eigentliche Thematik überprüfen. Der Reiz des Abschweifens ist nicht selten groß, allerdings nicht zielführend. Am Ende sollte die Arbeit gerade so lang wie nötig sein.

Ausnahmen gibt es natürlich auch hier. So zeichnen sich juristische Arbeiten durch eine hohe Abstraktion und knappe Formulierungen aus. Auch lateinische Formulierungen, rechtliche Fachbegriffe und teilweise mehrdeutige Termini lassen juristische Arbeiten für Laien kompliziert und unverständlich wirken.

Ein wissenschaftlicher Schreibstil ist strukturiert

Unmittelbar mit dem sprachlichen Ausdruck hängt auch die Strukturierung des Textes zusammen. Beim Lesen der Arbeit ist die Nachvollziehbarkeit wichtig, d. h. es sollte keine gedanklichen Sprünge geben, die der oder die Leser*in nicht nachvollziehen kann.

Dazu gehört eingangs eine Hinführung zum Thema und eine kleine Zusammenfassung am Ende eines Kapitels, die die wesentlichen Gedanken noch einmal kurz aufgreift. Im Verlauf der Arbeit geht es dann vom Allgemeinen zum Konkreten, gegebenenfalls auch von der Theorie zur Empirie.

Natürlich gilt es hier außerdem, die jeweiligen Besonderheiten eines Fachbereiches zu berücksichtigen. Das gilt für die Struktur der Arbeit genauso wie für die die Zitierweise.

Gendergerechte Sprache nutzen

Die meisten Hochschulen legen inzwischen Wert auf eine gendergerechte Sprache. Das generische Maskulinum reicht hier oft nicht mehr aus. Was es dabei zu beachten gilt, kannst du in diesem Artikel nachlesen.

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Tabus beim wissenschaftlichen Schreiben

Natürlich gibt es auch einige Wörter und Ausdrücke, die in einer wissenschaftlichen Arbeit nichts verloren haben:

  • “man”-Konstruktionen gelten als unpräzise, auch wenn sie eigentlich als gar nicht so unpassend erscheinen. Am besten nutzt du hier stattdessen neutrale Passivkonstruktionen.
  • Persönliche Fürwörter wie z. B. die Ich-Form eignen sich überhaupt nicht für wissenschaftliche Arbeiten. Stattdessen lässt sich das “Ich” gut durch “den/die Autor*in/Verfasser*in” ersetzen. So bleibt gleichzeitig deutlich, wer die Aussage tatsächlich trifft.
  • Füllwörter wie also, auch, doch, durchaus, eher, lediglich, offenbar, schließlich und viele weitere ziehen den Text unnötig in die Länge. Treten sie allzu gehäuft auf, erschweren sie zudem den Lesefluss der Arbeit.
  • Übertreibungen und bewertende Adjektive wie gut/schlecht, wichtig/unwichtig, einfach/schwer
  • schwammige Formulierungen

Inspiration suchen

Die Universität Gießen hat einen Leitfaden mit zahlreichen Formulierungsbeispielen erstellt. Es kann auch hilfreich sein, einige Arbeiten von Kommiliton*innen zu lesen und sich hier inspirieren zu lassen. Eine weitere Möglichkeit, um einen Text vor der Abgabe sprachlich und/oder inhaltlich zu überprüfen, ist ein wissenschaftliches Lektorat oder das Beauftragen eines Mustertextes. Am Ende macht Übung den Meister, um sich am Ende der Studienzeit einen eigenen wissenschaftlichen Schreibstil anzueignen.